Mikrokredite der Grameen Bank – Eine Einführung

Daniel Sommer
Tue, 10. Dec 2019

Mikrokredite der Grameen Bank – Eine Einführung-1
Mikrokredite der Grameen Bank – Eine Einführung-1

Im August 1976 startete Prof. Dr. Muhammad Yunus das „Grameen Bank Projekt“ (Grameen Bank heißt übersetzt „Dorfbank“). Zu dieser Zeit lehrte er Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Chittagong, Bangladesch.
Die Straßen von Chittagong waren voll von armen Menschen. Yunus hatte Schwierigkeiten damit, wissenschaftliche Theorien zu lehren, während die Menschen auf der Straße verhungerten.
Also untersuchte er das Problem an seiner Wurzel: Er stellte fest, dass es armen Menschen ganz einfach an freiem Zugang zu Kapital fehlte. Anders als seine Kollegen forschte er nicht einfach weiter im Elfenbeinturm, sondern begab sich in ein nahe liegendes Dorf Namens Jobra (vgl. Yunus 2007, S. 42f).
Dort spielte sich folgende Szene ab: Er traf mit einer Frau (Sufiya) zusammen, die vor ihrer Hütte saß und einen Bambushocker fertig stellte. Er fragte sie, wo sie das Material für den Hocker her hatte. Sufiya antwortete, dass sie den Bambus für 5 Takka (ca. 5 Cent) bei einem Händler gekauft habe. Da sie diese 5 Takka jedoch nicht besitzt, muss sie sich diese unter folgenden festgelegten Bedingungen bei einem informalen Geldgeber leihen: Sie muss den gefertigten Stuhl zu einem festgelegten Preis am selben Tag an diesen Geldverleiher verkaufen. Dieser zahlt jedoch weitaus weniger als den normalen Marktpreis, nämlich nur 5,5 Takka. Folglich macht Sufiya nur 0,5 Takka Gewinn (da sie ja 5 Takka Schulden hatte) – sie verdient also an einem Tag 0,5 Cent. Das ist gerade mal so viel, um zu überleben (vgl. Yunus 2007, S. 46ff).
Es fehlt Sufiya folglich lediglich an 5 Cent um sich aus den Fängen der Zwischenhändler zu befreien. Auf diesem eben beschriebenen Beispiel baut das „Grameen Bank Projekt“ Yunus’ auf. Er lieh 42 in Jobra lebenden Personen insgesamt 856 Takka (27 Dollar), damit sie sich von der Abhängigkeit befreien und auf ihren eigenen Beinen stehen können. Nach einigen Schwierigkeiten, da die armen Dorfbewohner das Geld nicht annehmen wollten, etc, war relativ schnell klar, dass diese Menschen sehr darauf bedacht waren das geliehene Geld zurückzuzahlen (vgl. ebd.).
Yunus setzte sich in Verbindung mit der lokalen Bank, die aber keineswegs bereit war Geld an die armen Leute zu verleihen. Die Bank argumentierte, dass diese Leute ja nicht mal die Formulare für einen Kreditantrag ausfüllen können und vor allem, dass sie keine finanziellen oder materiellen Sicherheiten haben (vgl. ebd.).Yunus war der Auffassung, dass es daran doch nicht scheitern könnte, den Menschen, die es am meisten nötig haben, einen Kredit zu gewähren und gab in der Folgezeit nicht auf Banken zu finden die ihn unterstützten.
Diese Menschen sind nicht arm, weil sie unfähig sind mit Geld umzugehen. Sie arbeiten jeden Tag um zu überleben! Jedoch gibt es Institutionen und policies die dafür verantwortlich sind, dass arme Menschen arm bleiben (vgl. Yunus 2006, S. 1).

Yunus entwickelte eine Reihe von Instrumenten, die die Grameen Bank zu einem komplexen sozialverantwortlichen Unternehmen (Social Business) wachsen ließen.
Zu Beginn wurde sie noch stark subventioniert. 1995 entschied sie sich keine Spenden mehr anzunehmen. Wenn jemand der Grameen Bank heute Geld „spendet“, wird dieses angelegt und es werden Zinsen gezahlt. Heute arbeitet sie profitabel und finanziert sich zu 100% selber (vgl. Yunus 2006, S. 3f).
Nach dem Motto „Die Bank ist für die Armen und gehört den Armen“ entschied sich Yunus, die Grameen Bank zu einer richtigen Bank umzuformen. Heute ist die Bank zu 95% in Besitz der armen Kreditnehmer. Die restlichen 5% sind im Besitz der Regierung (vgl. Yunus 2009, S. 1f).
Zurzeit hat die Grameen Bank 7,84 Millionen KreditnehmerInnen von denen 97% Frauen sind.

Dies soll euch einen ersten Eindruck über die Grameen Bank geben.
Wie die Grameen Bank es trotz all der Schwierigkeiten geschafft hat, so erfolgreich zu werden, werden wir in einem nächsten Blog berichten. Dazu werden wir detaillierter auf die Arbeitsweise und die Produkte der Bank eingehen.

Wenn wir irgendetwas vergessen haben oder undeutlich ausgedrückt haben oder gar nicht erwähnt haben, so lasst es uns wissen!

Quellen:

Yunus, Muhammad: Banker to the Poor. Micro-lending and the battle against world poverty. New York: Public Affairs 2007.

Yunus, Muhammad: Grameen Bank at Glance. Chittagong: Packages Corporation Limited 2009.

Yunus, Muhammad: Microcredit: Banking with the Poor without Collateral. Chittagong: Packages Corporation Limited 2006.

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