Die Sprache der Bilder: Vortragsreihe

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Allein im ersten Halbjahr des Jahres 2016 wurden 387.675 Asylerstanträge vom Deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entgegengenommen und zunehmend wird die Flüchtlingsdebatte für jeden von uns relevanter – vor allem auch durch ihre Präsenz in den Medien und der Kunst.
Spätestens nach dem Aufstieg von Social-Media-Plattformen lässt sich nicht mehr leugnen, dass Fotografien und Videos zunehmend alle Bereiche der Gesellschaft durchdringen und soziale Interaktionen und Meinungsbildung maßgeblich beeinflussen.
Die Flüchtlingsthematik bleibt von diesen Entwicklungen nicht ausgeschlossen.
Bilder des ertrunkenen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdis, Aufnahmen des verletzten und mit Staub bedeckten Jungen aus Aleppo in einem Krankenwagen, Fotos von Menschenmengen am Budapester Ostbahnhof – viele Einzelschicksale wurde durch die Medien zu Exempeln in der europaweiten Debatte.
Zeitgleich greifen immer mehr künstlerische Positionen und Projekte die Flüchtlingsthematik auf – wie unter anderem ein überdimensional großes Graffito der Künstler Justus Becker und Oguz Sen, das am Frankfurter Osthafen einen ertrunkenen Jungen zeigt oder Ana und Vera Sous‘ integratives Kunstprojekt „Ahoi 3“, das in Kooperation mit dem Aachener Ludwig Forum den Bau einer Küche mithilfe junger Asylsuchender realisierte.

Wie schlägt sich diese immense mediale und künstlerische Präsenz auf die gesellschaftliche Rezeption der Flüchtlingsdebatte nieder?
Ist es unter den gegebenen Umständen überhaupt möglich, zu einem objektiven Eindruck über die Flüchtlingsdebatte zu gelangen?
Welche Intentionen stecken hinter dem Erzeugen solcher Bilder?
Sind diese Bilder eine Möglichkeit, dem Unaussprechbarem eine Stimme zu verleihen?

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Alle Vorträge können auch als Podcast angehört werden! :)

Leider kommen diese doch so wichtigen Fragen der Zeit oft zu kurz.
In einer fünfteiligen Benefiz-Vortragsreihe „Die Sprache der Bilder. Flucht in Kunst und Medien“ möchten wir diesen Fragen zusammen mit Künstler_Innen, Fachkundigen und Studierenden auf den Grund gehen und eine Diskussionsplattform an der Universität zu Köln schaffen. Alle Vortragenden verzichten im Zuge dieses Benefizprojektes auf ihr Honorar.
Darüber hinaus soll im Zentrum dieses Projektes die Auktion eines Gemäldes des 1955 in Kirkuk, Irak geborenen und 1986 nach Deutschland ausgewanderten Künstlers Gara Rasul stehen, der sich bereit erklärte eines seiner Werke für die Realisierung eines Flüchtlingsprojektes zu spenden und zur Auktion freizugeben.

Hier ein kurzer Überblick der Vortragsinhalte:

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Frau Prof. Birgit Mersmann: “Migrationsästhetik in der dokumentarischen Fotografie am Beispiel von Sebastião Salgado und Jim Goldberg”
Wie lassen sich reale Situationen und Erfahrungen von Migration, sowohl die globalen Wanderbewegungen als ein gesellschaftliches, geopolitisches und geoökonomisches Migrationsphänomen als auch die persönlichen Ereignisse von Migrantinnen und Migranten, in der dokumentarischen Fotografie authentisch einfangen und vermitteln? Welcher medialen, situativen und kulturellen Praktiken bedienen sich Dokumentarfotografen, um Eindrücke, Wahrnehmungen sowie das Mit(er)leben von Migration „ins Bild“ zu übersetzen und zu rahmen? Im Mittelpunkt des Vortrages steht ein migrationsästhetischer Vergleich zwischen zwei Fotobüchern zum Thema Migration: dem Fotoessayband “Migrationen” des brasilianischen Fotojournalisten Sebastião Salgados (2000) und dem Fotobuch “Open See” des amerikanischen Dokumentarfotografen Jim Goldberg (2009).

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Marlene Thomas : “Visuelle Stereotype der Fluchtmigration - Eine Analyse von Pressefotografien im Herbst 2015”
Wie kein anderes Ereignis hat die Ankunft von Flüchtenden im Jahr 2015 einen zentralen Platz in den deutschen Medien angenommen. Die Fluchtbewegung nach Deutschland, die in diesem Jahr auf Grund der Zahlen der Registrierungen und Asylanträge ihren Höhepunkt erfuhr, gilt als eine der größten Bewegungen. Auf vielen Online-Angeboten deutscher Zeitungen, in sozialen Netzwerken und Nachrichtendiensten wurde das Thema Flucht vielfältig aufbereitet. Sie berichteten in allen Facetten und erzeugten, vielleicht ungewollt, ein Gefühl der Überforderung und Bedrohung. Textlich, so heißt es, wird mit der Fluchtdebatte differenzierter umgegangen, doch wie sieht es mit den Pressefotografien zu diesem Thema aus? Vor diesem Hintergrund stellt Marlene Thomas, B.A. Erziehungswissenschaft, die Ergebnisse Ihrer Bachelorarbeit zur Analyse von Visuellen Stereotypen der Fluchtmigration im Herbst 2015 vor.

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Prof. Detlef Fetchenhauer: “Die Macht der Bilder - Zur Psychologie der aktuellen Fluchtdiskussion”
In den letzten beiden Jahren sind weit mehr als eine Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Die deutsche Bevölkerung hat darauf sehr unterschiedlich reagiert, teils mit Akzeptanz und Hilfsbereitschaft, teils mit Ablehnung und fremdenfeindlicher Gewalt. In meinem Vortrag werde ich mich mit der Frage beschäftigen, welchen Einfluss Sprache, Metaphern und Bilder auf die Akzeptanz von Flüchtlingen haben. Ist es wichtig, ob wir von „Flüchtlingen“ oder „Geflüchteten“ reden? Welche Bedeutung haben Metaphern für unsere Wahrnehmung (z.B. die Rede von einer „Flüchtlingswelle“, von der wir „überrollt“ werden?). Und wie steht es um den Einfluss ganz konkreter Bilder und Videos (z.B. das Bild eines vierjährigen toten Kindes, das tot an den Strand gespült wird)? Meine Analysen werden zeigen, dass Menschen sich in ihren Einstellungen und in ihrem Handeln in hohem Maße von Wörtern, Metaphern und Bildern lenken lassen. Sowohl die Ablehnung als auch die Akzeptanz von Geflüchteten in unserer Gesellschaft sind nicht das Ergebnis rationalen Abwägens, sondern sind gesteuert von inneren Bildern, deren wir uns zumeist kaum bewusst sind.

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Dipl. Päd. Tim Wolfgarten: “Szenografie, Stillstand und Abstraktion - Drei Modi ausstellerischer Repräsentation von Fluchtmigration”
Ausstellungen als außerschulische Bildungsformate sind populär; so auch konkrete Themenausstellungen zu Einwanderung, Flucht oder weiteren Formen von Migration. Als politisches Bildungsangebot, welches auf ein ästhetisches Erleben seitens der Betrachter/innen setzt, lassen sich seit Mitte der 1970er Jahre Ausstellungen finden, die Migration und gesellschaftliche Heterogenität zum Thema machen. Diese bilden den Untersuchungsrahmen für das Dissertationsprojekt von Tim Wolfgarten, in dem er mit erziehungswissenschaftlicher Perspektive jenes ästhetische Bildungsangebot betrachtet.
Im Vortrag selbst werden explizit Ausstellungen zum Thema Fluchtmigration behandelt sowie auf die Bildwelten eingegangen, die über jenes Bildungsformat an die Rezipient*innen vermittelt werden. Dazu werden drei Modi ausstellerischer Praxen nachgezeichnet, die sich über die Begriffe ‚Szenografie‘, ‚Stillstand‘ und ‚Abstraktion‘ systematisieren und betiteln lassen. Über jene Differenzierung lassen sich inhaltliche, formale sowie mediale Aspekte der Bildrezeption herausarbeiten, die im Interesse interkultureller Bildungsforschung stehen. Zentral dabei ist die Frage, welche Weltsicht(en) in den Themenausstellungen bzw. über die Exponate auf Flucht ausgebildet werden.

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Dr. Jonas Tinius und Alexander Weinstock: “Die Figur des Geflüchteten - Perspektiven des nicht-dokumentarischen Theaters am Beispiel von Ruhrorter”
Wie entstehen Bilder von Flucht? Welche Sprache entwirft Theater und Kunst im Umgang mit Migration? Dieser Vortrag skizziert einige Perspektiven auf die politische Rolle von Fiktion im Umgang mit Geflüchteten in der Kunst. Aufbauend auf begleitender Forschung mit dem Theater- und Kunstprojekt Ruhrorter am Theater an der Ruhr in Mülheim, reflektieren der Anthropologe Jonas Tinius und der Literaturwissenschaftler Alexander Weinstock in diesem Beitrag das Spannungsverhältnis zwischen fiktiver Abstraktion und dokumentarischer Arbeit im Umgang mit geflüchteten Menschen. Als sowohl künstlerisch wie auch wissenschaftlich Beteiligte stellen sie anhand von Beispielen der Gruppe Ruhrorter einige Beobachtungen zur politischen Relevanz der figurativen, d.h. der übertragenen oder bildlichen, Darstellung von Geflüchteten in Kunst und Theater vor.

Im Anschluss an den Vortrag findet die offene Benefiz-Auktion eines gespendeten Gemäldes von Gara Rasul statt.

Dokumentation unserer Vortragsreihe in Buchkonzepten an der Hochschule Düsseldorf

Von April bis Juli 2017 wurde unsere Vortragsreihe zudem als Buch dokumentiert, und das gleich ganze neun Mal!! Die Konzepte wurden im Fachbereich Design an der Hochschule Düsseldorf bei Prof. Malsy in einem Kurs zur Buchgestaltung erstellt und können sich wirklich sehen lassen! Wir freuen uns über die Unterstützung und das Engagement von Prof. Malsy und seinen kreativen Designer_Innen Johannes López Ayala, Julia Schmitz, Polina Rudik, Mara Füsser, Sergej Krieger, Constantin Ranke, Linda Weidmann, Carita Wett, Daniel Hermes und Dennis Hölscher. Es freut uns unglaublich, dass eine Auseinandersetzung mit den Vortragsthemen auch außerhalb unseres Projektes selbst stattgefunden hat und dass dabei so beeindruckende und ausgefeilte Arbeiten entstanden sind!

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